Zu Grund und Höhe des Schadensersatzanspruchs eines durch eine Verkehrsunfall Geschädigten nach italienischem Recht

AG Köln, Urteil vom 29.04.2014 – 268 C 89/11

1. Eine isolierte Direktklage gegen den Versicherer des Schädigers vor dem gemäß Art. 2, 9 Abs. 1 lit. Buchst. b EuGVVO a.F. zuständigen Gericht ist zulässig, obwohl das auf den Anspruch gegen den Schädiger anwendbare italienische Recht eine notwendige Streitgenossenschaft von Versicherer und Schädiger vorsieht.

2. Zu Grund und Höhe des Schadensersatzanspruchs eines durch eine Verkehrsunfall Geschädigten nach italienischem Recht.

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, an den Kläger 900 EUR nebst Zinsen i.H.v. 2,5 % seit dem 11.05.2011 zu zahlen sowie ihn von der von der Gebührennote der Rechtsanwälte Dr. K & Partner aus Anlass deren außergerichtlicher Tätigkeit zur Regulierung des Verkehrsunfallgeschehens vom 22.10.2010in Höhe von 180,00 EUR freizustellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 48% und die Beklagte zu 2) zu 52 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht zuvor der Vollstreckende Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages geleistet hat.

Tatbestand
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Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus dem Quotenvorrecht aus einem Verkehrsunfallgeschehen geltend, das sich am 22.10.2010 gegen 11:15 Uhr in Verona in Italien ereignete. Beteiligt an dem Unfallgeschehen waren der Kläger mit dem Pkw Ford Mondeo mit dem amtlichen Kennzeichen K- … sowie das im Eigentum des Beklagten zu 1 stehende und von ihm geführte Motorrad Honda mit dem amtlichen Kennzeichen CD …, welches bei der Beklagten zu 2 gesetzlich haftpflichtversichert war. Der Unfall ereignete sich auf der Via Andrea Paglieri. Hierbei handelt es sich um eine Straße, die für die jeweilige Fahrtrichtung einen Fahrstreifen zur Verfügung stellt. Die gegensätzlich verlaufenden Fahrstreifen werden getrennt durch eine Zufahrt zu einer Tiefgarage, die aus Sicht des Klägers in die Gegenrichtung führte und von der Fahrspur des Klägers durch eine durchgezogene Linie getrennt war. Nachdem der Kläger auf der Via Andrea Paglieri die links von ihm in der Straßenmitte gelegene Einfahrt zur Tiefgarage etwa um 2-3 m passiert hatte, bemerkte er, dass er sich verfahren hatte. Er beabsichtigte deshalb, über die durchgezogene Linie und über die Zufahrt zur Tiefgarage hinweg auf die Gegenfahrbahn zu wenden, um seine Fahrt sodann in umgekehrter Richtung fortzusetzen. Als er den Wendevorgang einleitete und bereits mit einem Drittel seines Fahrzeugs über die durchgezogene Linie gefahren war, kam es zum Zusammenstoß mit dem Motorrad des Beklagten zu 1). Am Klägerfahrzeug entstanden Schäden, die eine Reparatur mit Kosten i.H.v. 2562,67 EUR nach sich zogen. Ferner mietete der Kläger für die Dauer der Reparatur einen Mietwagen an, wofür ihm 109,48 EUR in Rechnung gestellt wurden. Der Kläger machte die Reparaturkosten gegenüber seiner Vollkaskoversicherung geltend. Diese zahlte an die Reparaturwerkstatt einen Betrag i.H.v. 2262,67 EUR. Der Kläger zahlte den Restbetrag i.H.v. 300 EUR unmittelbar an die Reparaturwerkstatt. Der Kläger machte seine Forderungen, nämlich die Selbstbeteiligung in Höhe von 300 €, weitere 900,00 € Wertminderung sowie jeweils 50 % der Mietwagenkosten, also 54,74 €, und der Unkostenpauschale, also 12,50 €, mit Rechtsanwaltsschreiben vom 30.11.2010 gegenüber der Beklagten zu 2 geltend. Diese lehnte ihre Eintrittspflicht mit Schriftsatz vom 10.03.2011 ab.

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Der Kläger ist der Ansicht, dass die isolierte Klage gegen die Beklagte zu 2 zulässig sei. Er behauptet, der Beklagte zu 1 habe ihn unter Überfahren der durchgezogenen Linie überholen wollen. Entsprechend sei es jenseits der durchgezogenen Linie zur Kollision beider Fahrzeuge gekommen. Überdies sei der Beklagte zu 1 beim Unfall alkoholisiert gewesen.

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Mit der am 06.12.2011 zugestellten Klageschrift vom 11.05.2011 hat der Kläger ursprünglich beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 1267,73 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 7 % über dem Basiszinssatz seit dem 10.03.2011 zu zahlen sowie festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der ihm durch die Rückstufung im Prämiensystem der Kfz-Vollkaskoversicherung wegen der Inanspruchnahme aus Anlass des Verkehrsunfalls vom 22.10.2010 in Verona/Italien entstanden ist, sowie die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, den Kläger von der Gebührennote der Rechtsanwälte Dr. K & Partner aus Anlass deren außergerichtlicher Tätigkeit zur Regulierung des Verkehrsunfallgeschehens vom 22.10.2010, endend auf 229,55 EUR, freizustellen. Auf den Hinweis des Gerichts, dass die Klage gegenüber dem Beklagten zu 1) wegen örtlicher Unzuständigkeit unzulässig sein dürfte, hat der Kläger am 14.07.2011 die Klage im Hinblick auf den Beklagten zu 1 zurückgenommen. Ferner hat er am 30.08.2012 die Klagerücknahme im Hinblick auf die Mietwagenkosten i.H.v. 54,74 EUR erklärt. Mit Schriftsatz vom 24.09.2013, eingegangen am gleichen Tag, hat der Kläger sodann seinen Zinsanspruch weiter beschränkt.

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Der Kläger beantragt nunmehr,

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die Beklagte zu 2 zu verurteilen, an ihn 1212,99 EUR nebst Zinsen i.H.v. 2,5 % seit dem 11.05.2011 zu zahlen sowie festzustellen, dass die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der ihm durch die Rückstufung im Prämiensystem der Kfz-Vollkaskoversicherung wegen der Inanspruchnahme aus Anlass des Verkehrsunfalls vom 22.10.2010 in Verona/Italien entstanden ist sowie die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, den Kläger von der Gebührennote der Rechtsanwälte Dr. K & Partner aus Anlass deren außergerichtlicher Tätigkeit zur Regulierung des Verkehrsunfallgeschehens vom 22.10.2010 , endend auf 229,55 EUR, freizustellen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Die Beklagte zu 2 ist der Ansicht, dass die isolierte Klage gegen die Beklagte zu 2 unzulässig sei, weil der nach italienischem Recht zu bewertende Direktanspruch gegen die Beklagte zu 2 die notwendige Streitgenossenschaft der Beklagten zu 2 und des Beklagten zu 1 voraussetze. Da die Klage gegenüber dem Beklagten zu 1 jedoch nicht am deutschen Gerichtsstand zulässig sei, verbiete sich entsprechend auch eine Prozessführung gegen die Beklagte zu 2 am Wohnsitz des Geschädigten. Sie behauptet, der Unfall sei dadurch zu Stande gekommen, dass der Kläger an einem parkenden Fahrzeug habe vorbeifahren wollen und dabei den passierenden Beklagten zu 1 geschnitten habe. Entsprechend sei die Kollision auch noch innerhalb des Fahrstreifens und nicht jenseits der durchgezogenen Linie zustande gekommen. Die Beklagte zu 2 ist ferner der Ansicht, dass die Position Wertminderung, jedenfalls soweit sie fiktiv geltend gemacht werde, nach dem anzuwendenden italienischen Recht nicht erstattungsfähig sei. Gleiches gelte für eine Unkostenpauschale. Der Antrag zu 2 sei schon deshalb unzulässig, weil der Höherstufungsschaden bezifferbar sei, so dass das Feststellungsinteresse entfalle. Darüber hinaus sei dieser Antrag auch unbegründet, weil es sich nach dem maßgeblichen italienischen Recht um einen mittelbaren Schaden handele, für den keine Ersatzpflicht bestünde.

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Der Kläger macht sich hilfsweise das Vorbringen der Beklagten zu 2 zu eigen, dass sich das Unfallgeschehen auf dem Fahrstreifen selbst ereignet habe, während der Beklagte zu 1 versucht habe, das Fahrzeug des Klägers innerhalb des Fahrstreifens zu überholen. Er ist der Ansicht, dass insoweit der Verkehrsverstoß des Beklagten zu 1 darin zu sehen sei, dass er in einer unklaren Verkehrslage und unter Nichtbeachtung des erforderlichen Sicherheitsabstandes den Überholvorgang eingeleitet habe.

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Das Gericht hat den Kläger persönlich zum Unfallhergang in der mündlichen Verhandlung vom 28.08.2012 angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28 8. 2012, Bl. 57 ff., Bezug genommen. Darüber hinaus hat es den Beklagten zu 1 als Zeugen zum Unfallgeschehen gemäß Vernehmungsprotokoll vom 31.01.2013 schriftlich vernommen. Das Gericht hat ferner gemäß Beweisbeschluss vom 15.03.2013, Bl. 92 f., Beweis erhoben durch Einholung eines Rechtsgutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Professor I-Q N vom 28.08.2013 Bezug genommen. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig und im tenorierten Umfange begründet.

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I. Die Klage ist zulässig. Die Prozessführungsbefugnis der Beklagten zu 2 ist auch im Rahmen einer isolierten Klage gegeben.

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Zutreffend ist zwar, dass sich der materielle Direktanspruch gegen die Beklagte zu 2 gem. Art. 40 Abs.1 EGBGB nach dem Recht des Erfolgsortes, also des Unfallortes, richtet, so dass insoweit italienisches Recht zur Anwendung kommt. Gleiches gilt für das Recht des Versicherungsvertrages zwischen dem Versicherer, der Beklagten zu 2, und dem Versicherungsnehmer, dem Beklagten zu 1 gem. Art. 46 c EGBGB.

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Dies führt entsprechend im Falle der Erhebung der Klage in Italien dazu, dass gemäß Art. 144 III des Codice delle Assicurazioni der Versicherer und der Schädiger als notwendige Streitgenossen gemeinsam zu verklagen sind, weil der Direktanspruch gegen den Versicherer sowie die Haftung des Versicherungsnehmers als Schädiger insoweit nur einheitlich festgestellt werden kann. Entsprechend gilt nach italienischem Recht bei Klagen vor italienischen Gerichten die gemeinsame Prozessführungsbefugnis. Hintergrund dieser Regelung ist der Gedanke des italienischen Gesetzgebers, das prozessökonomische Risiko der doppelten Klage sowie das materiell-rechtliche Risiko widersprüchlicher Entscheidungen auszuschließen.

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Etwas anderes gilt jedoch gemäß Art. 11 Abs. 2 i.V.m. Art. 9 Abs.1 lit.b EuGVVO, wenn der Geschädigte den Gerichtsstand an seinem Wohnsitz im EU-Ausland wählt.

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Denn in diesem Falle ist die Regelung des Art. 9 Abs. 1 lit b EuGVVO im Lichte von Art. 18 der Richtlinie 2009/103/EG auszulegen, wonach der Direktanspruch gegen den Versicherer die Position des geschädigten EU-Ausländers verbessern soll.

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Art. 18 2009/103/EG

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„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Geschädigte eines Unfalls, der durch ein durch die Versicherung nach Artikel 3 gedecktes Fahrzeug verursacht wurde, einen Direktanspruch gegen das Versicherungsunternehmen haben, das die Haftpflicht des Unfallverursachers deckt.“

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Der Direktanspruch gegen den Versicherer sowie die damit korrespondierende örtliche Sonderzuständigkeit des Wohnsitzgerichts des Geschädigten wäre jedoch nahezu entwertet, wenn die isolierte Klage gegen den Versicherer im Wohnsitzland wegen der notwendigen Streitgenossenschaft von Versicherer und Schädiger unzulässig wäre. Es käme in realita nie zum Gerichtsstand am Wohnsitz des Klägers, wenn eine Klage gegen einen italienischen Kfz-Haftpflichtversicherer gerichtet werden soll. Das europäische Recht genießt jedoch gegenüber dem nationalen Recht Vorrang. Den Vorrang der Durchsetzbarkeit des Direktanspruchs hat auch der europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 13.12.2007, NJW 2008,819 bestätigt, wonach jedenfalls die Möglichkeit der Direktklage gegen den Versicherer beim Heimatsgericht des Geschädigten ermöglicht werden sollte.

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Dem steht auch nicht der Schutzzweck des Art. 144 Abs.3 Codice delle Assicurazioni entgegen. Dem Risiko divergierender Entscheidungen sowie doppelter Klagen kann gleichwohl begegnet werden. Zwar dürfte zweifelhaft sein, dass das vor deutschen Gerichten erwirkte Urteil zwischen dem Geschädigten und dem Versicherer eine Anerkennung nach Art. 33 EuGVVO und damit unmittelbare Urteilswirkung mit Rechtskrafterstreckung auch in dem Rechtsverhältnis zwischen dem Geschädigten und dem Schädiger bzw. zwischen dem Schädiger als Versicherungsnehmer und dem Versicherer auslöst. Gleichwohl hätte das italienische Gericht ein bereits vorliegendes Urteil eines deutschen Gerichts mit dem selben materiellen Streitgegenstand jedenfalls als Verfahrenshindernis im Falle der Inanspruchnahme des Schädigers oder der Inanspruchnahme des Versicherers durch den Versicherungsnehmer zu beachten, um insoweit seinerseits dem vorrangigen Rechtsgedanken des europäischen Gesetzgebers zur Durchsetzung zu verhelfen. In gleicher Weise versteht das Gericht auch die Entscheidung des OLG Nürnberg, NJW-RR 2012,1178 sowie die dort zitierte Entscheidung des italienischen Kassationshofs vom 05.05.2006.

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II. Die Klage ist teilweise begründet. Im übrigen ist unbegründet.

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1. Der Klageantrag zu 1 ist teilweise begründet.

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Der Kläger hat gegen die Beklagte zu 2 einen Anspruch auf Schadensersatz dem Grunde nach gemäß Art. 2054 Codice Civile (nachfolgend: CC). Danach ist der Führer eines nicht schienengebundenen Fahrzeugs verpflichtet, den Schaden, der Personen oder Sachen durch den Verkehr des Fahrzeugs zugefügt wird, zu ersetzen, wenn er nicht beweist, alles zu Schadensvermeidung möglich getan zu haben. Diese Regelung ist gemäß Art. 47 Codice della Strada (CdS) auch auf die Führer von Motorrädern anzuwenden.

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a) Gemäß Art. 2054 Abs. 2 CC besteht die grundsätzliche Verschuldensvermutung zu gleichen Teilen je beteiligtem Fahrzeug, also i.H.v. 50 %, es sei denn, dass einer der Unfallbeteiligten, um der subsidiären Funktion der Verschuldensvermutung Rechnung zu tragen, beweist, dass er alles Erdenkliche getan hat, um den Unfall zu verhindern. Im vorliegenden Fall hat keine Partei vorgetragen und bewiesen, dass der Kläger oder der Beklagte zu 1 alles Erdenkliche getan habe, um den Unfall zu verhindern. Im Gegenteil: Es ist unstreitig, dass der Kläger unter Überfahren der durchgezogenen Linie das Wendemanöver durchgeführt hat. Entsprechend ist sicher, dass er einen Verschuldensbeitrag zum Unfall gesetzt hat. Auch die Beklagte zu 2 hat nicht bewiesen, dass der Beklagte zu 1 ohne jedes Verschulden gewesen wäre. Die schriftliche Vernehmung des Beklagten zu 1 war für die Frage danach, wo und auf welche Weise sich der Unfall ereignet hat, unergiebig. Entsprechend spricht vieles für den vom Kläger geschilderten Unfallhergang. Im Ergebnis kann der genaue Ablauf des Unfalls aber auch dahinstehen, weil auch nach dem Beklagtenvortrag ein Verkehrsverstoß vorliegt. Denn der Überholvorgang – nach dem Beklagtenvorbringen innerhalb desselben Fahrstreifens – wäre jedenfalls bei Unterschreiten des erforderlichen Sicherheitsabstandes erfolgt. Bei einer derartigen räumlichen Enge – die nach Angaben der Beklagten zu 2 zusätzlich durch ein parkendes Fahrzeug verstärkt worden ist – hätte der Beklagte zu 1 das Überholmanöver zurückstellen müssen, um dieses erst dann durchzuführen, wenn er einen Überholvorgang mit ausreichendem Sicherheitsabstand hätte durchführen können.

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Nach Vorlage des polizeilichen Protokolls ist hingegen der Vortrag des Klägers, der Beklagte zu 1 sei überdies alkoholisiert gewesen, widerlegt.

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Da die jeweiligen Verkehrsverstöße gleich schwer wiegen, ist die Haftungsquote von jeweils 50 % – entsprechend der subsidiären Haftungsverteilung nach italienischem Recht – angemessen.

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b) Die Höhe des Anspruchs bestimmt sich zum einen nach den ersatzfähigen Schadenspositionen nach italienischem Recht sowie nach dem sog. Quotenvorrecht.

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Soweit der Kläger Ansprüche aus dem Quotenvorrecht geltend macht, richtet sich zwar die Frage des Quotenvorrechts nach dem Versicherungsvertragsstatut gemäß Art. 19 Rom II-VO und damit gem. Art. 7 Rom I-VO nach deutschem Recht, also nach § 86 VVG.

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Hiervon zu unterscheiden ist jedoch die Frage, welche Forderungen gegenüber dem Versicherer des Schädigers bestehen und damit Eingang in das Quotenvorrecht nehmen. Dies richtet sich nach dem Deliktsstatut gemäß Art. 4 Rom II-VO, also nach italienischem Recht. Entsprechend können nur solche Positionen in die Inanspruchnahme nach Quotenvorrecht aufgenommen werden, die auch nach italienischem Recht ersatzfähig sind. Das italienische Schadensersatzrecht unterscheidet zwischen Vermögens- und Nichtvermögensschaden. Während Vermögensschäden grundsätzlich uneingeschränkt erstattungsfähig sind, besteht gegenüber der Erstattung von Nichtvermögensschäden Zurückhaltung. Anspruchsgrundlage für die vorsätzliche und fahrlässige schadensstiftende Handlungen ist Art. 2043 i.V.m. Art. 1223 CC, wobei jene durch die speziellen Regelungen des Verkehrsrechts gem. Art. 2054 ff CC überlagert werden.

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(1) Unproblematisch ersatzfähig sind die entstandenen Reparaturkosten als unmittelbarer Vermögensschaden in Höhe von 2.562,67 €, was bei Berücksichtigung einer Quote von 50 % einem Betrag von 1.281,33 € entspricht.

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(2) Bei der Erstattungsfähigkeit der Wertminderung ist zu unterscheiden: Nach dem überzeugenden Rechtsgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. N ist die Wertminderung an einem Fahrzeug infolge eines Verkehrsunfalls jedenfalls dann ersatzfähig, wenn der Wagen bei einem Weiterverkauf einen geringeren Wert erzielt (faktischer merkantiler Minderwert), hingegen nicht, wenn lediglich die Erwartung besteht, dass bei einem späteren Weiterverkauf ein geringerer Wert erzielt werden würde (fiktiver merkantiler Minderwert). Entsprechend kann es dahinstehen, auf welche Weise sich ein fiktiver merkantiler Minderwert berechnen würde.

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Dem Kläger ist jedoch ein Schaden in Gestalt eines faktischen merkantilen Minderwerts entstanden. Nach der Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen O steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger infolge des Verkehrsunfalls einen geringeren Preis erzielt hat, als ursprünglich vor der Unfall vereinbart war. Der Zeuge O hat anschaulich bekundet – was durch die klägerseits vorgelegte Vertragsurkunde bestätigt wird – dass ursprünglich zwischen dem Kläger und dem Zeugen O vereinbart worden war, dass das Fahrzeug nach Durchführung des Italienurlaubs zu einem Preis von 21.800 EUR verkauft werden sollte, wobei eine 100 €-Anzahlung sofort bar entrichtet werden sollte. Nach dem Unfallgeschehen sei diese Vereinbarung jedoch dahingehend abgeändert worden, dass lediglich 21.100 € gezahlt werden sollte, weil das Fahrzeug zwischenzeitlich den streitgegenständlichen Unfall erlitten habe. Die Angaben des Zeugen O zum Zustandekommen des Vertrages sind glaubhaft. Er hat freimütig und bemüht um die detaillierte Wiedergabe die damaligen Geschehnisse geschildert und etwaige Erinnerungslücken, wie etwa zu den genauen Beträgen, ohne weiteres eingeräumt, wobei er sich nachvollziehbar auf den zwischenzeitlichen Zeitablauf bezog. Der Zeuge O hatte auch keine einseitige Aussagehaltung. Zwar schilderte er den Kläger als sympathischen und zuverlässigen Vertragspartner, ohne aber offenkundige Fehler – wie etwa der Widerspruch zwischen dem vereinbarten Gesamtpreis von 21.100 € und der geleisteten Zahlung von insgesamt 21.200 € an den Kläger – zu beschönigen oder zu dessen Gunsten zu erklären. Der Zeuge O steht auch in keinem Näheverhältnis zum Kläger und hat seinerseits kein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits, so dass auch insoweit kein Anlass zu Zweifeln besteht. Ausweislich der Quittung unterhalb der Kaufvertragsurkunde hat der Kläger einen Betrag von insgesamt 21.200 EUR tatsächlich erhalten. Das Gericht geht dabei davon aus, dass dies die Summe des überwiesenen – durch Kontoauszug belegten Betrages i.H.v. 21.100 EUR sowie der bar geleisteten Anzahlung von 100 EUR ist. Zwar bestehen insoweit gewisse Ungereimtheiten zwischen dem vereinbarten ermäßigten Kaufpreis i.H.v. 21.100 EUR und der geleisteten Zahlung i.H.v. 21.200 EUR. Diese Widersprüche sind jedoch nicht geeignet, generelle Zweifel am Zustandekommen des Kaufvertrages zu einem ermäßigten Kaufpreis zu begründen. Da der Kläger einen Betrag in Höhe von 21.200 EUR erhalten hat, ist er gegenüber dem ursprünglich vereinbarten Kaufpreis i.H.v. 21.800 EUR um 600 EUR faktisch beschwert. Diese Beschwer spiegelt den faktischen Minderwert i.H.v. 600 EUR.

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Nach Berücksichtigung einer Quote von 50 % entspricht dies einem erstattungsfähigen Vermögensschaden in Höhe von 300 EUR.

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(3) Nach dem Rechtsgutachten des Sachverständigen N ist die Erstattung einer Unkostenpauschale dem italienischen Recht fremd, so dass insoweit eine Erstattung ausscheidet.

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(4) Die hälftigen Mietwagenkosten stehen nicht mehr im Streit, nachdem der Kläger diesen Betrag zurückgenommen hat.

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Nach dem Vorgesagten konnte der Kläger von der Beklagten insgesamt einen maximalen Betrag in Höhe von 1.581,33 € (Reparaturkosten und faktische Wertminderung) ersetzt verlangen.

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(5) Die Forderung des Klägers ist jedoch wegen eines Betrages in Höhe von 681,33 € auf den Kaskoversicherer gem. § 86 Abs.1 S.1 VVG übergegangen, so dass dem Kläger wegen des über 900 € hinausgehenden Betrages die Aktivlegitimation fehlt. Die Forderung über 900 EUR besteht hingegen nach dem sog. Quotenvorrecht fort, weil der Versicherer insoweit gem. § 86 Abs.1 S.2 VVG nicht geltend machen kann, den Kläger befriedigt zu haben

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Zur Bestimmung des Forderungsanteils, der auf den Kaskoversicherer übergeht, kommt nach der in der Rechtsprechung weit überwiegend vertretenen Ansicht die sog. Differenztheorie zur Anwendung (vgl. OLG Celle Schaden-Praxis, 2007, 146 zum Quotenvorrecht gegenüber dem Kaskoversicherer m.w.N.). Dabei ist zunächst die Summe der dem Kläger entstandenen kongruenten Schäden zu bestimmen – wobei die Haftungsquote zunächst unberücksichtigt bleibt. Dies sind die Reparaturkosten i.H.v. 2.562,67 EUR sowie die Wertminderung i.H.v. 600 EUR, was einem Gesamtbetrag in Höhe von 3.162,67 EUR. Hiervon hat der Kaskoversicherer 2.262,67 EUR befriedigt. Die zusätzlich gezahlten 109, 48 € auf die Mietwagenkosten bleiben dagegen außer Betracht, weil es sich insoweit um eine Zahlung – über obligo – auf einen inkongruenten Schaden handelt. Beim Kläger entstand demnach im Hinblick auf die kongruenten Schaden eine Deckungslücke von 900 EUR (= 3162,67€ – 2262,67 €). Nach der Differenztheorie gehen die gegen die Beklagte zu 2 bestehenden Ansprüche nur insoweit auf den Kaskoversicherer über, als diese die Deckungslücke übersteigen. Also in Höhe von (1581,33 € – 900 € =) 681,33 €. Die Forderung des Klägers über 900 EUR gegen die Beklagte zu 2 bleibt hingegen von der Legalzession unberührt, weil der Kaskoversicherer den Forderungsübergang gem. § 86 Abs.1 S.2 VVG nicht geltend machen kann.

39
c) Der Zinsanspruch besteht nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. N als Anspruch auf Erstattung von Fälligkeitszinsen – entsprechend dem teilweise zurückgenommenen Antrag – gemäß Art. 1282 CC rückwirkend zum Datum des Klageantrages, also ab dem 11.05.2011. Die Zinshöhe der Fälligkeitszinsen beträgt nach italienischem Recht 2,5 %. Ob darüber hinaus ein zusätzlicher Anspruch auf – ggf. höhere – Verzugszinsen besteht, ist nach der Teilklagerücknahme nicht mehr zu entscheiden.

40
2. Der Antrag zu 2 ist unbegründet.

41
Es kann dahinstehen, ob der Feststellungsantrag zulässig ist. Jedenfalls ist er nicht begründet, weil es sich bei dem Höherstufungsschaden nicht um einen ersatzfähigen unmittelbaren Vermögensschaden handelt. Das italienische Recht sieht gemäß Art. 2043 i.V.m. Art. 1223 CC nur den Ersatz von unmittelbaren Schäden vor. Der Höherstufungsschaden beruht aber auf der Entscheidung des Versicherungsnehmers, seine Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen und dadurch die gemäß den Versicherungsvertragsbedingungen entstehende Höherstufung in Kauf zu nehmen.

42
3. Die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind gemäß dem Ministerialdekret vom 20.07.2012, Nr. 140, Art. 3, welches rückwirkend – so der Sachverständige Prof. Dr. N – auch Geltung für den hiesigen Fall beansprucht, sind erstattungsfähig. Die Höhe des zu erstattenden Betrages beläuft sich auf max. 20 % der für begründet erachteten Streitsumme. Entsprechend sind außergerichtliche Kosten lediglich i.H.v. 180 EUR erstattungsfähig.

43
III. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die um 54,74 EUR erhöhte Klage (vor Teilklagerücknahme) hatte keinen Gebührensprung zur Folge, so dass insoweit keine Mehrkosten entstanden sind.

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